Das Einstein-Papier. Thriller by Lennart Ramberg

Das Einstein-Papier. Thriller by Lennart Ramberg

Autor:Lennart Ramberg [Ramberg, Lennart]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: eBooks, Thriller, Schweden, Gegenwart, Karl Olsberg, Verschwoerung, Ermittlerin, Wissenschaft, Nobelpreis, Liebespaar
ISBN: 978-3-95824-769-7
Herausgeber: dotbooks GmbH
veröffentlicht: 2016-07-04T22:00:00+00:00


Kapitel 45

Die Wirtin der Pension war schon früh auf den Beinen und fragte Anneli, ob sie frühstücken wollte. Anneli bat um einen Kaffee mit doppelt so viel Pulver wie gewöhnlich, aber sie würde vorher noch etwas aus ihrem Zimmer holen müssen.

»Keine Eile, Vinka-san. Ich wollte Sie nicht hetzen. Sind Sie sehr müde?«

Anneli verzog das Gesicht, um das zu leugnen, was ihre roten Augen und ihre zerzausten Haare verrieten, und stotterte, dass sie nur schnell etwas holen wolle. Oben im Zimmer nahm sie das Papier aus der Tracht, schrieb die Zeilen ab und schob das Original zurück in sein Versteck. Als sie sich im Speisesaal an einen Tisch setzte, hörte sie bereits das Wasser im Kessel kochen.

»Sagen Sie«, sprach Anneli die Wirtin an, als diese ihr einen dampfenden Becher hinstellte, »können Sie das hier lesen?«

»›Ich verweile am Feld.‹«, sagte die Wirtin, nachdem sie sich ihre Brille aufgesetzt hatte. »So steht es hier.« Sie zeigte auf die rechte der fünf Spalten.

»Genau so? ›Ich verweile‹ im Präsens und ›am Feld‹?«

»Ja, was sollte sonst dort stehen?«

»Ich wollte nur sicher sein. Und hier?«

Die Wirtin kam beim Übersetzen der Zeilen im Großen und Ganzen auf dasselbe Ergebnis wie Anneli. Pflügen war pflügen, der Meister war der Meister. Sie schien auch weder vom Rhythmus noch vom Inhalt sonderlich überrascht zu sein. Doch dann geriet sie ins Stocken.

»Aber das hier kann ich nicht lesen.« Sie zeigte auf die Zeile, die auch Anneli nicht hatte auflösen können. Dort standen drei Kanji-Zeichen, aber die gehörten nicht zu den tausendneunhundert Zeichen, die sie in der Schule gelernt habe, da war sie sich ganz sicher. Vielleicht waren das Namen. Oder besonders alte Zeichen. Oder sogar etwas Chinesisches. Sie wusste es nicht und bat mehrmals dafür um Entschuldigung.

»Und das nächste?«

»Das sind auch alte Zeichen.«

»Können Sie das trotzdem lesen?«

Die Wirtin hob voller Stolz ihr Kinn.

»Verneigen, vergessen, träumen, von kuri, in der Nacht.«

»In der Nacht? Nicht Dunkelheit?«

»Könnte auch Dunkelheit sein, etwas Schwarzes.«

Ein anderer Gast kam die Treppe herunter. Die Wirtin schob ihre Brille in die Jackentasche, sprang auf und entschuldigte sich.

Der Gast setzte sich an den Nachbartisch. Er hatte ein schmales Gesicht, blass und eingefallen, als hätte er zu lange über etwas nachgedacht. Als Anneli ihn ansprach, reagierte er verschreckt, dann aber nahm er den Zettel an sich und las die ersten beiden Spalten vor, mit lauter, melodiöser Stimme. Es klang schön. Aber dann geriet auch er ins Stocken und zeigte auf die drei Zeichen.

»Sorry«, sagte er. »Sorry.« Er lächelte und schlug seine Zeitung auf. »Sorry.«

Sie könnte Midori das Gedicht mailen und sie bitten, jemanden wegen der drei Zeichen um Rat zu fragen, jemanden an der Uni oder wo auch immer. Aber sie ließ es sein.

Sie ging auf ihr Zimmer, rollte das Bett aus und fiel für knapp zwei Stunden in einen tiefen Schlaf, bis der Wecker klingelte. Sie hatte geträumt, dass Takeos Gedicht bloß einer Mangaserie entnommen war.

Die Wirtin bot ihr erneut etwas zu essen an, Fisch oder Joghurt, den sie extra für Anneli gekauft hatte. Sie könne auch Brot haben. Anneli entschied sich für die Fische, sie waren klein und im Ganzen gebraten.



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